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Die Einführung des Telefons in der Schweiz

Die Einführung des Telefons in der Schweiz
Mitte November 1877 setzt Deutschland die erste telefonische Einrichtung erfolgreich in Betrieb. Mit dieser Nachricht ist das Interesse an der Telefonie in der Öffentlichkeit der Schweiz schlagartig da.
Kurz darauf, am 20. November 1877, schreibt die Schweizerische Telegraphendirektion an das Kaiserlich Deutsche General-Telegraphen-Amt in Berlin und bittet um detaillierte Angaben zu den erfolgreichen Telefonverbindungen. Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten. Der Bundesrat erhält mit einem vom 21. November 1877 datierten Schreiben von Dr. Arnold Roth, ein bevollmächtigter Minister beim Deutschen Reich und dem Königsreich Bayern, einen genauen Bericht über die unglaublichen Versuche mit der neuen Erfindung „Telefon“.

Erste Apparate, erste Versuche
Umgehend bestellt die Telegraphendirektion ein Paar Telefone zum Preise von RM 10.25 (ein Sender und ein Geber) bei Siemens & Halske in Berlin mit dem Ziel rasch eigene Versuche durchführen zu können. Die beiden Telefone treffen am 4. Dezember ein und bereits am 13. Dezember werden auf der Telegrafenleitung zwischen Bern und Thun „vorläufige Telefonversuche“ durchgeführt. Die Resultate der Versuche sind so erfolgsversprechend, dass am 17. Dezember mit Thun und Interlaken ein weiterer Versuch folgt.
Besonderes reges Interesse an der neuen Erfindung zeigt der Adjunkt der Telegrapheninspektion Bellinzona, Michele Patocchi. Am 9. Dezember 1877 stellt er der Telegraphendirektion in Bern das Gesuch, auf Telegrafenleitungen Telefonversuche vornehmen zu dürfen. Die Telegraphendirektion erklärt sich am 11. Dezember damit einverstanden und bittet gleichzeitig ihr die Ergebnisse der Versuche mitzuteilen, damit sie diese mit den eigenen Resultaten vergleichen könne. Patocchi kauft für seine Versuche zwei Telefonapparate aus der Telegraphenfabrik Neuenburg (Hipp) zum Preise von 18 Franken. In der Folge hält Patocchi als erster Schweizer seine genauen Versuche fest und verfasst für die Telegraphendirektion verschiedene Berichte. Von ihm stammt auch die erste schweizerische Dokumentation des Telefons. Am 6. Januar 1878 stellt er erfolgreich eine Verbindung ins Nahe Ausland, zwischen Mailand und Bellinzona (117km), her.

Das Telefon fällt unter das Bundesregal
Im Allgemeinen stösst das Telefon auf grosses Interesse. Die Telegraphendirektion veranlasst deshalb, im Einverständnis mit dem Post- und Telegraphendepartement, vorsorgliche Massnahmen zu ergreifen, um die Telefoneinrichtungen unter das Monopol zu stellen.
Schon am 17. Dezember 1877 wird ein Kreisschreiben betreffend die Konzessionen für Telefoneinrichtungen erlassen. Darin geht hervor, dass „jede Einrichtung dieser Art (Telephon), insofern dieselbe die Grenzen des Privateigentums des Erstellers überschreitet, unter das Regal des Bundes fällt und somit der staatlichen Bewilligung bedarf.“ Am 12. März 1878 wird das Departement bevollmächtigt künftige Konzessionen zu erteilen, da vermehrt solche Gesuche gestellt werden.

Am 17. Januar 1878 legt das Post- und Telegraphendepartement dem Bundesrat bezüglich Konzessionen von Telefoneinrichtungen einen detaillierten Bericht vor. In diesem wird die Fernsprech-Einrichtung dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1854 über die Organisation der Telegraphenverwaltung unter das Regal des Bundes gestellt. Unter anderem wird dargelegt, wie in Zukunft Konzessionen erteilt werden könnten und welche Auflagen Konzessionäre erfüllen müssten. Am 18. Februar 1878 behandelt der Bundesrat einen Textentwurf zu einem Bundesbeschluss aus welchen hervorgeht, dass das Telefon und deren Einrichtung unter den Artikel 1 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1854 in den Bereich Bundesregal fallen.

Wie bei der Einführung des elektrischen Telegrafen, entbrennt durch diesen Bundesratsbeschluss ein Streit für und wider das Monopol des Bundes. Der Entscheid wird heftig kritisiert. Doch der Bunderrat lässt sich nicht aus der Fassung bringen, denn der Bedarf an privaten Leitungen ist gering. In einer Zusammenstellung vom 1. März 1878 sind nur 27 Privatkonzessionen aufgeführt.

Die Beschwerde
Am 30. Mai 1878 reicht Wilhelm Ehrenberg, Telefonhersteller in Neumünster-Zürich, eine schriftliche Beschwerde gegen die Entscheidung der eidgenössischen Räte ein. Im Dezember 1878 wird von der Bundesversammlung der Bundesratsbeschluss vom 18. Februar jedoch gestützt und die Beschwerde von Wilhelm Ehrenberg abgelehnt. Dieser erklärt sich aber bereit, Privatleitungen zu konzessionieren, sofern sie dem Monopol des Telegrafen nicht schaden oder es konkurrenzieren. Dieser Entschluss führt im Jahr 1880 zur Gründung der Zürcher Telephongesellschaft, die in der Stadt Zürich und in den Aussengemeinden das erste Telefonnetz der Schweiz aufbaut und am 2. Oktober desselben Jahres ihren Betrieb aufnimmt. Die Konzession des Bundesrates ist für die Dauer von fünf Jahren gültig.

Der richtungsweisende Schritt zur Einführung des Telefons in der Schweiz
Am 23. November 1880 legt das Post- und Eisenbahndepartement dem Bundesrat einen Bericht und einen Entwurf einer Verordnung über Errichtung von Telefonstationen vor. In diesem werden die Vorteile der Telefoneinrichtung für kleine Ortschaften und ganze Gebiete ohne Telegrafenbüro dargelegt. „Um der Bevölkerung einen Zugang zur schnellen Korrespondenz zu ermöglichen, ist die Telefoneinrichtung ganz besonders geeignet. Diese kleinen platzsparenden Apparate können von jedermann ohne besondere Vorkenntnisse bedient werden und erfordern praktisch keinen Unterhalt.“

Noch im gleichen Jahr genehmigt der Bundesrat den Entwurf einer Verordnung über Errichtung von öffentlichen Telefonstationen. Im Jahre 1881 werden 18 öffentliche, mit dem Telegraphennetz verbundene Telefonstationen eingerichtet.

Vier Monate vor dem Erlass dieser Verordnung hat der Bundesrat der Zürcher Telephongesellschaft eine Konzession für den Bau und den Betrieb eines Telefonnetzes in der Stadt Zürich und deren Umgebung erteilt. Es ist ein Beschluss, der kaum gefasst bereits bereut wird.

Evaluation des geeigneten Telefonsystems
Bevor die eidgenössische Telegraphenverwaltung mit dem Einrichten von Telefonnetzen beginnt, lässt sie verschiedene bekannte Telefonsysteme auf ihre Tauglichkeit prüfen. Mitunter geht es darum sich für den Bau von mehr als einer Variante des Telefonnetzsystems in der Schweiz zu entscheiden.

Um die Sprachqualität unter reellen Gegebenheiten überprüfen zu können, wird eine Versuchslinie von 3km Länge verwendet. Gemäss „Journal Télégraphique 1883“ sind folgende Systeme getestet worden:

  • Siemens & Böttcher
  • Edison
  • Blake
  • Theiler
  • Crossley (eine Form, welche in Frankreich den Namen Ader trägt)
  • Gower
  • Locht-Labye
  • Ader
  • Berliner und weitere nicht näher genannte

Die beste Sprachqualität über eine Distanz von drei Kilometern erlangten die Systeme Blake, Theiler, Crossley und Berliner.

Mit der Bezeichnung „Systeme“ waren die Mikrofone gemeint. Der Empfänger (Hörer) war oft derselbe, und wenn nicht, spielte der Unterschied bei der Sprachwiedergabe eine so geringe Rolle, dass dieser vernachlässigt werden konnte. Die Verwendung des Begriffs „System“ wurde aber also bald neu definiert und nicht mehr der Mikrofontechnik zu geschrieben. Beim Begriff „System“ handelt sich um das Telefonnetzsystem. In der Schweiz gab es deren zwei, eines mit Batterieanruf und das andere mit elektro-magnetischem Generator (Wechselstromanruf).

Einführung der Telefonnetzsysteme in den Städten
Das Batterieanruf System wird darauf in Basel eingeführt, das Prinzip nach dem Wechselstromanruf findet in den anderen Städten der Schweiz Eingang.
Das Batterieanruf System liefert die Firma M. Theiler & Sons aus London. Das Wechselstromanruf System stammt von der National Bell Telephone Company aus Boston. Es folgen jedoch rasch weitere Lieferanten wie beispielsweise Zellweger-Ehrenberg aus Uster, Zürcher Telephongesellschaft aus Zürich, G. Hasler aus Bern.
Das System mit Batterieanruf, welches in Basel eingesetzt wurde, blieb das Einzige. Als Grund wird die hohe Anzahl an Leclanché Elemente für den Anrufstrom genannt, die für den Betrieb benötigt werden. Tatsächlich währt das Batterieanruf System nicht lange. Im Jahr 1894 sind alle Apparate mit Batteriestromanruf durch Apparate mit Wechselstromanruf ersetzt worden.

Lieferanten der Telegraphenverwaltung
Ab 1879 bezieht die eidgenössische Telegraphenverwaltung Telefone und Zubehör im In- und Ausland um ihre Nachfrage im eigenen Land zu decken. Im Prix-Courant sind unter anderem folgende Lieferanten aufgeführt:

  • Siemens & Halske, Berlin
  • Zellweger & Ehrenberg, Uster
  • Berliner, Hannover
  • Gower-Bell, London
  • Theiler & Sons, London
  • Zürcher Telephongesellschaft, Zürich
  • Léon de Locht-Labye, Liège
  • American Bell Telephone, Boston
  • Société Générale des Téléphones, Paris
  • Hasler, Bern
  • Fabrik physikalischer Apparate, M. Kälin, Einsiedeln
  • Ericsson, Stockholm
  • Hipp, Neuchâtel

Die Belieferung der Verwaltung durch die oben aufgeführten Firmen war sehr unterschiedlich. Einige, wie beispielsweise Locht-Labye, konnten nur Apparate für Versuchszwecke an die Schweiz verkaufen. Andere Firmen, wie beispielsweise Hasler AG, waren für Jahrzehnte als Hoflieferanten gesetzt.

Verfasser: Martin Feuz, 2015 / 2019

Literaturverzeichnis:
- Hundert Jahre elektrisches Nachrichtenwesen in der Schweiz, Band II
- Die Telefonapparate in der Schweiz, 1983

- Prix- Courant 1868 — 1896