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Zellweger AG

Von der kleinen Werkstätte zur Firma mit Weltruf

Am 30. Juni 1880 kaufte Alfred Zellweger die Firma Kuhn & Ehrenberg, die seit 1875 in verschiedenen Konstellationen in Uster ansässig war.

Der Ursprung der Firma Zellweger liegt in der Gründung der „Lufttelegraphen-Werkstätte“ durch Jakob Kuhn aus Zell im Tösstal und Jakob Wolfensperger aus Wetzikon im Jahre 1874. Am 4. Oktober 1875 erwarb Kuhn die Liegenschaft Florastrasse 202 (heute 8) in Uster. Dieser Liegenschaftskauf veranlasste viele Jahre später die Geschäftsleitung der Firma Zellweger AG, das Jahr 1875 als ihr Gründungsjahr zu bezeichnen.

Die Zusammenarbeit zwischen Kuhn und Wolfensberger dauerte nicht lange. Bereits 1879 schied Wolfensperger aus dem Unternehmen aus. Wenig später, Anfang 1880, kommt Wilhelm Ehrenberg nach Uster und tritt als Teilhaber in die Firma von Jakob Kuhn ein. Der Firmenname ändert sich in „Kuhn & Ehrenberg in Uster, Telegraphen-Werkstätte“. Nur ein halbes Jahr später ändern sich die Besitzverhältnisse erneut.

Alfred Zellweger aus Trogen AR kauft die Firma und diesmal scheidet Jakob Kuhn als Teilhaber aus, bleibt aber als Werkmeister in der Firma. Ehrenberg wird sein neuer Teilhaber. Unter dem neuen Namen „Fabrik für elektrische Apparate von A. Zellweger & W. Ehrenberg“ nimmt die Firma ihre Tätigkeit auf.

Die Zeit ist günstig, die Elektrobranche noch jung. In den folgenden Jahren stellt die Firma elektrische Beleuchtungen, Telefone, Läutwerke, Kohlemikrophone, Elektromotoren, Magnete und verschiedene elektrische Erzeugnisse für das In- und Ausland her.

Der begabte Zellweger entwickelt neue Geräte. Insgesamt meldet er neun Patente an:

  • Elektrischer Wecker
  • Elektrischer Türöffner
  • Elektrischer Motor zur Erzeugung einer oszillierenden Bewegung
  • Punka (indischer Federfächer zur Abkühlung)
  • Blitzschutzapparat
  • Änderungen der Tourenzahlen bei Werkzeug‑, Schifflistick- und Müllereimaschinen
  • Fahrtenregistereinrichtung für Fahrzeuge
  • Trolley-Kontaktvorrichtung für elektrische Fahrzeuge
  • Kaffeemühle Perl

Das Geschäft mit dem Telefon

Seit 1881 produziert Zellweger erfolgreich Telefonapparate und handbetriebene Haustelefonanlagen (Schnurvermittler) für private Anlagen sowie für die eidgenössische Telefonverwaltung. Die „Staatstelefone“ werden zu dieser Zeit streng getrennt von den Hausanlagen betrieben. Daher ist es nicht möglich, mit einer privaten Telefonanlage in das öffentliche Telefonnetz zu telefonieren. Der Kunde muss zu diesem Zweck einen zweiten Apparat, ein von der eidgenössischen Telefonverwaltung zugelassenes Modell, bei sich installieren lassen.

Die eidgenössische Telefonverwaltung ist zeitlebens seine Hauptkundin. Die regelmässigen Bestellungen von Telefonen und deren Komponenten garantieren der Firma eine solide Auftragslage und sichere Arbeitsplätze.

Als Schweizer Vertretung der deutschen Firma Siemens & Halske führt sie zudem deren Telefonapparate im Sortiment. Im Preiskatalog von 1900 finden sich auch zahlreiche Apparate der schwedischen Firma L.M. Ericsson. Nach Zellwegers Angaben wurden diese Apparate in seiner Fabrik hergestellt.

Zwei Jahre nach dem Tod von Alfred Zellweger wird das Unternehmen am 1. Juli 1918 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Erben Zellweger halten knapp ein Drittel der Aktien, nehmen aber nie eine aktive Rolle im Unternehmen ein. 1924 verkaufen sie ihre Aktien und ziehen sich aus dem Unternehmen zurück.

In den besten Jahren beschäftigt das Unternehmen mehrere tausend Mitarbeitende.

1987 entsteht aus dem Zusammenschluss der Firmen Autophon, Hasler und Zellweger das Telekommunikationsunternehmen Ascom Holding AG mit Sitz in Baar ZG.

1993 fusioniert die Zellweger Uster AG, einer der führenden Hersteller von Textilmaschinen und Industrieelektronik, mit der Luwa AG.

2003 trennen sich die Gruppen Zellweger und Luwa. Der Bereich Textilelektronik (Zellweger Uster) mit rund 470 Mitarbeitenden (Uster/Knoxville, USA) wird im Rahmen eines Management-Buyouts in die Uster Technologies AG ausgegliedert.

Die beiden anderen Bereiche Gaswarntechnik (Zellweger Analytics) und Luft- und Klimatechnik (Luwa) werden weitergeführt. Im Jahr 2005 zieht sich die Eigentümerin Hesta jedoch aus der Zellweger-Luwa Gruppe zurück und die letzten beiden Bereiche der Zellweger-Luwa Gruppe werden verkauft.

 

Autor: Martin Feuz

Änderungsindex:
2023: Artikel überarbeitet.
2015: Artikel verfasst.

 

Quellennachweis:

  • Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik, Band 18
  • NZZ Artikel vom 3. Dezember 2002 und 28.09.2005
  • Preiskatalog der Firma Zellweger, 1900

Zellweger Alfred

Einleitung

1880 kommt Zellweger nach Uster, kauft die Firma Kuhn & Ehrenberg und führt sie unter seinem Namen weiter. Das Unternehmen wird für Jahrzehnte zu einem der wichtigsten Arbeitgeber der Stadt Uster.

Porträt

Am 3. September 1855 wird Alfred Zellweger als jüngstes von vier Kindern der Eheleute Salomon Zellweger (1807 — 1887) und Anna, geb. Walser, in Trogen AR geboren. Der Vater ist im Leinenexport tätig und gehört 1862 zu den Gründern der St. Galler Versicherung „Helvetia Feuer“.

Um 1870 gibt es in Trogen noch keinen Physikunterricht. Alfred entschied sich deshalb für eine Lehre bei der Telegraphenfabrik Matthias Hipp in Neuenburg, wo er sein Sprachtalent entdeckte. Die wissenschaftlichen Grundlagen für seine spätere Tätigkeit erwarb er sich von 1874 bis 1877 am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich. Von grosser Bedeutung für Alfred Zellweger sind die Studienaufenthalte in Paris und London, wo er auf dem Gebiet der Elektrizität viel lernt.

Mit 25 Jahren kommt Alfred Zellweger nach Uster und kauft am 30. Juni 1880 mit Hilfe von Wilhelm Ehrenberg die Firma Kuhn & Ehrenberg. Die neue Firma heisst fortan „Fabrik für elektrische Apparate von A. Zellweger & W. Ehrenberg“. Mit Alfred Zellweger erhält Uster einen Unternehmer, der die Stadt als Arbeitgeber während Jahrzehnten prägen wird.

1886 heiratet Zellweger Hermine Krüsi (1867 — 1912), mit der er eine Familie gründet und Vater von sechs Kindern wird. 1891 baut Alfred Zellweger neben der Fabrik ein Wohnhaus, die Villa Electra, die heute noch an der Bahnstrasse 11 steht.

Alfred Zellweger
Alfred Zellweger, 1894

Am 5. Mai 1892 stirbt sein Geschäftspartner Wilhelm Ehrenberg, worauf Zellweger die Firma unter seinem Namen alleine weiterführt.

Im Frühjahr 1916 muss sich Zellweger wegen eines Magenleidens in ärztliche Behandlung begeben.

Die Krankheit verschlimmert sich jedoch rasch und nach einigen Wochen Krankenhausaufenthalt stirbt er am 14. Juni 1916 an den Folgen einer Magenoperation.

 

Autor: Martin Feuz

Änderungsindex:
2023: Artikel überarbeitet.
2015: Artikel verfasst.

 

Quellennachweis:

  • Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik, Band 18
  • Preiskatalog der Firma Zellweger, 1900

Bildmaterial:

  • Portrait Bild: Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik, Band 28 (Seite 17)

Ehrenberg Wilhelm

Einleitung

Wilhelm Ehrenberg war ein Pionier. Er war der erste Telegrafist der Stadt Zürich und machte sich 1880 mit der telefonischen Übertragung des Schweizerischen Sängerfestes zwischen Basel und Zürich einen Namen. Im April 1880 reicht er als erster ein Konzessionsgesuch für den Bau einer „Central-Telephon-Station in Zürich“ ein.

Porträt

Am 26. Juli 1834 wird Wilhelm Ehrenberg als Sohn von Carl Friederichs von Ehrenberg (1806–1841) und Charlotte Wilhelmine (1806–1852), geb. von Ehrenberg, in Zürich geboren. Seine Eltern stammten aus Halle an der Saale in Deutschland und lebten seit 1830 in Zürich. Der Vater, Architekt und Professor, lehrt an der Universität Zürich und gilt als Gründer des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins SIA.

Wilhelm ist intelligent und tüchtig. Seine berufliche Laufbahn beginnt er 1852 als erster Telegrafist der Stadt Zürich. Dort sammelt er über mehrere Jahre viel Erfahrung auf dem Gebiet der Telegrafie. Immer bestrebt, seine Kenntnisse zu vertiefen, tritt er in die weltberühmte Firma Hipp in Neuenburg ein. Bald übernimmt er eine Vertrauensstellung und wirkt und handelt während 16 Jahren mit Umsicht und grossem Fachwissen. Im Auftrag des Unternehmens reist er durch ganz Europa. Er ist sprachbegabt und wird als Welt- und Menschenkenner geschätzt. Jovial und heiter, voller Frohsinn und Humor und immer zu einem Scherz aufgelegt, findet er überall Anschluss.

Am 9. September 1858 heiratet er die aus Küsnacht stammende Anna Maria Ohngemach (1836–1894).

Sie haben 17 Kinder, von denen vier im Kindesalter sterben.

Am 18. Februar 1878 unterstellt der Schweizerische Bundesrat das Telefonwesen dem Bundesregal. Wilhelm Ehrenberg ist damit nicht einverstanden und reicht über die Winterthurer Anwaltskanzlei Brunner & Ziegler am 30. Mai 1878 eine Beschwerde bei der Bundesversammlung ein, mit der er die Aufhebung des Beschlusses verlangt.

Noch im gleichen Jahr wird der Bundesratsbeschluss vom 18. Februar von der Bundesversammlung gestützt und die Beschwerde von Wilhelm Ehrenberg abgewiesen. Dieser erklärt sich jedoch bereit, private Leitungen zu konzessionieren, sofern sie das Telegraphenmonopol nicht beeinträchtigen oder konkurrenzieren.

Erst am 16. April 1880 kommt wieder unerwarteter Schwung in die Sache: Ehrenberg, inzwischen Mitinhaber der Firma „Kuhn & Ehrenberg, Telegraphenwerkstätte in Uster und Zürich“, reicht als Erster ein Konzessionsgesuch für den Bau einer „Central-Telephon-Station in Zürich“ ein.

Wilhelm Ehrenberg
Wilhelm Ehrenberg

Im Gegensatz zum Gesuch vor zwei Jahren kommt dieses Gesuch dem Departementsvorsteher und der Telegraphendirektion sehr gelegen. Sie sind an einem Grossversuch durch eine private Gesellschaft interessiert.

Noch während das Konzessionsgesuch in Bern hängig ist, richtet Ehrenberg in Basel eine Versuchsverbindung für die Feuerwehr ein. Mit dem Einverständnis des Feuerwehrkommandanten Major Jos. Schetty werden Bell-Apparate, die Ehrenberg aus Amerika mitgebracht hat, für die Verbindung der Zentralstation auf der Wache und der ständigen Feuerwache auf der Brodlaube mit dem Polizeiposten St. Clara installiert.

Am 11. Juli 1880 findet in Zürich das Schweizerische Sängerfest statt, an dem auch die Liedertafel Basel teilnimmt. Auf Wunsch eines Freundes inszeniert Ehrenberg eine telefonische Übertragung von Zürich nach Basel über die Telegrafenleitung. In einem Saal in Basel hört das Publikum den Auftritt der Liedertafel in Zürich.

Am 17. Mai 1880 erhält Ehrenberg den Entwurf der Konzessionsurkunde. Doch seine Zustimmung verzögert sich, und am 15. Juli 1880 tritt er die Konzession an die in Gründung befindliche Zürcher Telephongesellschaft ab.

In den folgenden Jahren arbeitet er erfolgreich für die Firma „A. Zellweger & W. Ehrenberg in Uster“, wohnt aber zeitlebens in Zürich Riesbach.

Im Jahre 1891 erkrankte er schwer (vermutlich an einem Lungenleiden) und begab sich in den Luftkurort Davos. Doch die Genesung hält nicht lange an, kaum zu Hause verschlechtert sich sein Zustand wieder. Am 11. Mai 1892 stirbt er nach stundenlangem Husten an Herzversagen.

 

Autor: Martin Feuz

Änderungsindex:
2023: Artikel überarbeitet.
2015: Artikel verfasst.

 

Quellennachweis:

  • Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik, Band 28
  • Hundert Jahre elektrisches Nachrichtenwesen in der Schweiz, Band II
  • Abdankungsrede Ehrenberg von 1892

Bildmaterial:

  • Portrait Bild: Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik, Band 28 (Seite 20), mit der Einwilligung des Museums für Kommunikation